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Emotionale Junisession im Grossen Rat

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Die Junisession des Grossen Rats war emotional. Nicht nur, weil das Asyl- und Asylsozialhilfegesetz die Wogen zwischen Links und Rechts hoch gehen liess. Nein, in unserer Fraktion bewegten uns daneben noch ganz andere Dinge.

Mit Hannes Zaugg-Graf wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Grünliberalen Kanton Bern einer von uns zum Präsidenten des Grossen Rats und damit zum «höchsten Berner» gewählt. Welch eine Ehre!

Zudem verabschiedeten wir uns von unserem langjährigen und geschätzten Fraktionsmitglied Christoph Grimm aus Burgdorf. Zu guter Letzt kündigte sich auch im Fraktionspräsidium ein Wechsel an, in den auch ich involviert bin.

Nicht zuletzt « feierte » ich in der Junisession die Vollendung meines ersten Jahres als Grossrätin des Kantons Bern.

Aber nun der Reihe nach.

Die Grünliberalen stellen zum ersten Mal das Grossratspräsidium

Die Session begann mit der Wahl des neuen Regierungspräsidiums und Grossratspräsidiums. Diese Ämter bekleiden Regierungsräte und Grossräte jeweils für ein Jahr – von Juni bis Juni.

Hannes Zaugg-Graf aus Uetendorf war letztes Jahr bereits erster Vizepräsident des Grossen Rats und stand damit in dieser Session als Grossratspräsident zur Wahl. Als Grossratspräsident oder Grossratspräsidentin repräsentiert man das Kantonsparlament während einem Jahr und leitet die Sitzungen. Hannes wurde mit 149 Stimmen gewählt. Ein Glanzresultat! Die Wertschätzung und Anerkennung von unserem Fraktionsmitglied im gesamten Grossen Rat kam in den Voten der Fraktionspräsidien zu seiner Kandidatur deutlich zur Geltung. Wir freuten uns alle unglaublich für und mit Hannes und sind stolz, ihn in unserer Fraktion zu wissen.

Hannes Zaugg-Graf ist ausgebildeter Schauspieler und für seinen schwarzen Humor und Selbstironie bekannt. So erstaunt es nicht, dass er sich an der Grossratspräsidentenfeier selbst auf die Schippe nehmen liess. Schauspielkollege Walter Andreas Müller erteilte ihm in der Rolle von Christoph Blocher Rhetorikunterricht und brachte damit einen Saal voller Politiker und Politikerinnen dazu, schallend über sich selbst zu lachen. Im Video gibt es ein kleines « Müsterli ».

 

Zähes Ringen um die Asylgesetze

Während drei ganzer Sessionstage behandelten wir das Einführungsgesetz zum Ausländer- und Integrationsgesetz, das neue Asylgesetz und das Sozialhilfegesetz im Asylbereich. Diese Gesetzte sind ausgesprochen komplex, voneinander abhängig und betreffen sowohl die Gesundheits- und Fürsorgedirektion, wie auch die Polizei- und Militärdirektion.

Mit den Gesetzen wird das Asylwesen im Kanton Bern reformiert. Entscheide sollen rascher getroffen und umgesetzt werden und die Asylsuchenden sollen von besseren Integrationsmassnahmen und -angeboten profitieren. Das Ziel ist eine Kostenreduktion im Asly- und Sozialhilfewesen.

Die Fronten zwischen der Linken, bestehend aus SP, Grüne und Alternative Linke und der Rechten (SVP, EDU und FDP) waren verhärtet. Dazwischen versuchten wir Grünliberalen, die BDP und EVP als kleine Mitteparteien gangbaren Lösungen zum Erfolg zu verhelfen oder mit eigenen Anträgen Kompromisse herbeizuführen.

Ein kleiner Erfolg gelang unserem Fraktionsmitglied Michael Köpfli. Er beantragte eine Härtefallregelung für Menschen, die noch im alten (heutigen) Asylsystem einen Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle gefunden haben. Sein Ziel war, dass diese Personen – sollte ihr Asylgesuch abgelehnt werden – bis zur Ausreise weiterarbeiten dürfen. Denn wird ein Asylgesuch abgelehnt, ist es den geflüchteten Menschen grundsätzlich verboten, in der Schweiz zu arbeiten. Im bisherigen Asylsystem kommt es vor, dass vorläufig aufgenommene Flüchtlinge teilweise mehrere Jahre auf ihren definitiven Asylentscheid warten müssen und in dieser Zeit einer Arbeit nachgehen oder auch eine Ausbildung beginnen. Der Kanton unterstützt vorläufig aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge bereits heute darin, eine Arbeits- oder Lehrstelle zu finden.

Entgegen der Haltung des Regierungsrats stimmte die Mehrheit des Grossen Rats dem Antrag von Michael Köpfli zu und will damit, dass eine solche Härtefallregelung im Gesetz aufgenommen wird.

Schnellere Prozesse und bessere Integrationsangebote für Asylsuchende.

Pflanzenschutzmittel: Der Grosse Rat will keine verbindlichen Massnahmen

Grünliberale und Grüne, forderten in einer Motion, dass neben dem laufenden, freiwilligen Berner Pflanzenschutzprojek verbindliche Massnahmen auf der Basis des Aktionsplans des Bunds getroffen werden. Wir begründeten den akuten Handlungsbedarf damit, dass bei Messungen im Sommer 2018 in Berner Kleingewässern eine Vielzahl von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden in zu hohen Konzentrationen nachgewiesen wurden. Sowohl die geltenden als auch die zukünftigen ökotoxikologischen Grenzwerte wurden an den meisten Orten nicht eingehalten. Der Grosse Rat sah darin anscheinend kein Grund zur Sorge. Mit 83 Nein- zu 59 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen lehnte sie den Vorstoss bedauerlicherweise ab.

Zu hohe Konzentration von Pflanzenschutzmitteln in unseren Gewässern.

Fremdschämen beim Beschluss über die Aufstockung des Polizeikorps

Obwohl die Kriminalstatistik zeigt, dass die Anzahl der Delikte rückläufig ist, beantragte der Regierungsrat dem Grossen Rat eine Aufstockung des Polizeikorps um 170 Stellen. Begründet wurde dies mit den Staatsbesuchen und verschiedenen sicherheitskritischen Spiele unserer Fussball- und Hockeymanschaften, an denen die Kantonspolizei für Ordnung und Sicherheit sorgen muss. Zudem zeigten Vergleiche mit anderen Kantonen klar, dass die Berner Kantonspolizei über deutlich weniger Einsatzkräfte verfügt. Dies schlägt sich auch im rekordhohen Überstundensaldo der Polizeibeamtinnen und -beamten nieder.

Alles in Allem also eine klare Sache: Unsere Kantonspolizei braucht Verstärkung.

Was ich dann kaum glauben konnte war, dass eine Planungserklärung eines Chauffeurs (die Interessenbindung gab er offen an) den Reihen der SVP eine knappe Mehrheit fand, die forderte, dass die Aufstockung des Polizeikorps nicht zum Ausbau der Verkehrskontrollen genutzt werden dürfe.

Ob so einer Haltung kann ich nur den Kopf schütteln. Erstens ist die Frage, wo wie viele Polizisten eingesetzt werden sollen, eine operative und fällt deshalb nicht in die Zuständigkeit des Grossen Rats.

Zweitens wirft es doch ein komisches Bild auf einen Grossrat mit Beruf «Chauffeur», wenn er sich im Ratssaal am Mikrofon über Verkehrskontrollen echauffiert.

Und Drittens kann es sehr wohl angebracht sein, die Verkehrskontrollen zu erhöhen. Der Verkehr nimmt stetig zu und da ist es wohl auch wahrscheinlich, dass auch die Kontrollen nicht weniger werden.

Als Motorradfahrerin ziehe ich auch gerne flott um die Kurven, doch unsere Verkehrsregeln gelten für alle. Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Busse rechnen. Auch ich und auch für Chauffeure. Ich habe mich in dem Moment, als diese Planungserklärung überwiesen wurde, wirklich für unseren Rat fremdgeschämt.

Ja zu mehr Polizeibeamten aber nicht für Verkehrskontrollen? Ein Grossratsbeschluss zum Fremdschämen.

Westast A5: Porttunnel soll vorgezogen werden

Gleich vier Motionen zum Westast A5 behandelte der Grosse Rat in der Sommersession. glp-Grossrat Julien Stocker forderte in seinem Vorstoss mit dem Titel «Umdenken bezüglich des Westasts», dass der Regierungsrat das Ausführungsprojekt Westast Biel zurückzieht und zusammen mit dem Bund und der Stadt Biel ein neues Projekt ausarbeitet, das in der Bieler Bevölkerung für weniger Unmut sorgt. Den Porttunnel nahm er dabei in seiner Forderung explizit aus.

Die zweite Motion trug den Titel «Westast Biel: Moratorium und neuer Dialog zum Westast Biel» und forderte, dass die Umsetzung des Westast sistiert wird und ein ernsthafter Dialog mit allen Beteiligten initiiert wird. Dieser Vorstoss wurde von unserem Fraktionsmitglied Lucca Alberucci miteingereicht.

Die dritte Motion – ebenfalls von Lucca Alberucci mit eingereicht – forderte, dass der Regierungsrat in Absprache mit den betroffenen Gemeinden beim UVEK auf die rasche Realisierung einer weiteren Etappe der Bieler Umfahrung, nämlich dem Porttunnel, drängt.

Die vierte Motion aus den Reihen der FDP forderte ebenfalls, die Realisierung des Porttunnels vorzuziehen.

Der Regierungsrat erklärte sich bereit, die Motionen 1, 3 und 4 in der Form eines Postulats anzunehmen und die Forderungen zu prüfen. Er betonte jedoch, dass er den nun gestarteten und auf zwei Jahre ausgelegten Dialogprozess mit allen Beteiligten nicht gefährden und erst das Ergebnis daraus abwarten will, bevor er weitere Massnahmen im Zusammenhang mit dem Westast ergreift. Die Forderung der zweiten Motion (Moratorium und Dialog) empfahl der Regierungsrat zur Annahme, weil sie bereits in Umsetzung ist.

Die Motionen 1 und 3 wurden anschliessend von den Motionären in ein Postulat gewandelt.

In der anschliessenden Abstimmung fand das Postulat «Umdenken bezüglich des Westasts» keine Mehrheit.

Die Motion «Westast Biel: Moratorium und neuer Dialog zum Westast Biel» wurde angenommen und da bereits umgesetzt direkt als erfüllt abgeschrieben.

Der Grosse Rat stimmte anschliessend sowohl dem Postulat wie auch der Motion zu, die forderten, den Bau des Porttunnels vorzuziehen. Der Regierungsrat hat nun zwei Jahre Zeit, diese Forderung zu prüfen und die Umsetzung anzustreben oder begründet zu verweigern. Damit ist gewährleistet, dass der Dialogprozess zum Westast A5 in den noch verbleibenden anderthalb Jahren nicht beeinträchtigt wird.

Port soll mit einem Tunnel vom Verkehr entlastet werden.

Ganz in unserem Sinn: Der Grosse Rat nimmt klar Stellung zur Klimapolitik

In der Märzsession reichten Vertreter der glp, SP, EVP, FDP und Grünen einen Ordnungsantrag ein und beantragte dem Grossen Rat, eine «Erklärung des Grossen Rates zur Klimapolitik» ins Programm der Frühlingssession 2019 aufzunehmen oder zu einem geeigneten Zeitpunkt für deren Traktandierung zu sorgen. Der Grosse Rat beschloss, dass die Bau -, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission unter Einbezug aller Fraktionen eine entsprechende Erklärung erarbeiten soll. Diese wurde dem Grossen Rat in der Sommersession nun vorgelegt und mit einer Zweidrittelmehrheit gutgeheissen

Weiter unterstützte der Grosse Rat die Parlamentarische Initiative der Grünen vorläufig, die den Klimaschutz in der Kantonsverfassung verankern will. Die Verfassungsänderung wird nun erst in den zuständigen Kommissionen vorbereitet, bevor sie dem Grossen Rat zur Beschlussfassung vorgelegt wird.

Der Klimastreik erreichte auch das Berner Rathaus

Erste Wechsel in der Grossratsfraktion

Nach insgesamt 65 Sessionen und 13 Amtsjahren entschied unser Fraktionsmitglied Christoph Grimm, aus dem Grossen Rat zurückzutreten. Er wünschte dem Grossen Rat in seinem Abschiedsschreiben Mut zu innovativen Lösungen und zur regionenübergreifenden Zusammenarbeit. Dass Christoph Grimm fraktionsübergreifend sehr geschätzt wurde, bewiesen die Standing Ovation, mit denen der Grosse Rat ihn am letzten Fraktionstag verabschiedeten.

Weiter entschied sich Franziska Schöni-Affolter, als Fraktionspräsidentin zu demissionieren. Sie übergibt die Leitung unserer Fraktion ab Ende August an Luca Alberucci, unseren bisherigen Vize-Fraktionspräsidenten. Neue Vize-Fraktionspräsidentin werde ich. Dass meine Fraktionsmitglieder mich als neue Vize vorgeschlagen haben, deute ich als Wertschätzung für meine Arbeit während meinem ersten Jahr als Grossrätin. Es freut mich sehr, dass sie mir dieses Amt anvertrauen.

Blick in die Fraktionssitzung der Grünliberalen Grossrätinnen und Grossräte.

 

 

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